Unser Haus
im Lauf der Jahrhunderte

Genau auf der Grenze zwischen Niedergrafschaft und Obergrafschaft steht ein Haus, das in unserer Region seinesgleichen sucht – ein Haus, dessen Steine getränkt sind mit Gebeten und Gesängen, mit Forschen und Philosophieren, mit Spiritualität und Wissenschaft. Kloster Frenswegen war jahrhundertelang ein Ort der Theologie, der Kultur, der Suche nach dem, was über den Tag hinausgeht, was Sinn gibt und Horizont.

1394 wird das Augustiner Chorherrenstift St. Marienwolde in Frenswegen unter der Regentschaft des Grafen Bernhard I. von Bentheim gegründet. Sechs Jahre später schließt sich der damals noch kleine Konvent der reformerischen Frömmigkeitsbewegung der Devotio moderna und der Windesheimer Kongregation an. 1436 wird mit dem Bau der spätgotischen Hallenkirche begonnen, 1445 wird sie geweiht. Die Zahl der Mönche steigt in dieser Zeit kontinuierlich; anlässlich einer Visitation durch den großen mittelalterlichen Kardinal Nikolaus von Kues (Cusanus) ist von über 130 Konventualen die Rede. 1575 wendet sich Graf Arnold II. von Bentheim dem reformierten Bekenntnis zu, 1588 kommt es zur Einführung der Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung.

Die Wirren des 80-jährigen Freiheitskampfes der Niederländer gegen die Unterdrückung durch die Spanier und die Umwälzungen durch die Reformation führen dazu, dass die Chorherren das Kloster verlassen und in Nordhorn residieren. Ihre Zahl nimmt kontinuierlich ab. 1671 scheidet das Kloster aus der Windesheimer Kongregation aus und wird dem Bistum Münster einverleibt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird es wieder bezogen, die Zahl der Frenswegener Mönche steigt. Es kommt zu umfangreichen Baumaßnahmen, deren Ergebnis im 18. Jahrhundert u. a. die Mittelrisaliten der West- und der Ostfassade sind. Das Kloster erlebt eine zweite Blüte. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wird das Kloster säkularisiert. Endgültig aufgehoben wird es im Jahr 1809. Die meisten Konventualen haben es in der Zwischenzeit verlassen. Es geht in den Besitz des Fürsten zu Bentheim und Steinfurt über. 1870 dient es der Unterbringung von französischen Kriegsgefangenen. 1874 wird der größte Teil seiner Bibliothek durch den Fürsten Ludwig zu Bentheim und Steinfurt der neu gegründeten Universität Straßburg geschenkt. 1881 fällt die Klosterkirche einem Blitzschlag zum Opfer – Zeiten der Verwahrlosung des Gebäudes folgen.

Es dient zwischenzeitlich der Unterbringung von Zollbeamten sowie zur Stationierung von Mitgliedern der Hitlerjugend in ihren „Wehrertüchtigungscamps“. Nach dem Zweiten Weltkrieg werden im Kloster Flüchtlinge untergebracht.


Wir haben das große Glück, dieses einzigartige Haus trotz seines Dornröschenschlafs nach dem Ende des Augustiner Chorherrenkonvents, trotz seines langsamen Verfalls in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts noch zu besitzen.


In den siebziger Jahren haben der Tradition verpflichtete und gleichzeitig vorausschauende Grafschafter es einer neuen Bestimmung zugeführt. Drei Stifter, das fürstliche Haus derer zu Bentheim und Steinfurt, der Landkreis Grafschaft Bentheim und der Synodalverband Grafschaft Bentheim der Evangelisch-reformierten Kirche, haben sich zusammengetan, um das großartige Erbe des Klosters vor dem Verfall zu retten und mit neuem, seiner ehemaligen Bestimmung entsprechenden Inhalt zu füllen.

Die Gründung der Stiftung Kloster Frenswegen im Jahr 1974 hat es möglich gemacht, nicht nur die Bausubstanz zu retten und zu erneuern, sondern auch Besinnung, Bildung und Begegnung in die alten Mauern zurückzuholen. Nach dem Ende der umfangreichen Restaurierungsarbeiten leistet die Stiftung seit 1978 für die Grafschaft Bentheim einen unverzichtbaren Beitrag. Neben den drei Stiftern sind es die sechs in der Grafschaft ökumenisch verbundenen Kirchen, die hier zusammenarbeiten: die römisch-katholische Kirche, die evangelisch-lutherische Kirche, die evangelisch-reformierte Kirche, die evangelisch-altreformierte Kirche, die freikirchliche Gemeinde (Baptisten) und die Herrnhuter Brüdergemeine. Sie alle haben sich Mitte der siebziger Jahre, als dies noch geradezu wagemutig und progressiv war, zusammengetan, um das Kloster neu mit christlichem Leben zu füllen.

Seit 1978 arbeiten drei sogenannte Moderatoren – Theologinnen oder Theologen aus den drei großen Trägerkirchen (katholisch, lutherisch, reformiert) ­– gemeinsam an der Gestaltung des Klosterprogramms, das sich mit Vortragsveranstaltungen, Konzerten, Lesungen und Diskussionsrunden an die Grafschafter Öffentlichkeit wendet. In den historischen Mauern tut sich dabei eine Fülle von Möglichkeiten auf, die seit vielen Jahren intensiv genutzt und ständig weiter entwickelt wird.



170 Jahre lang hat das Kloster unterschiedlichsten Zwecken gedient:
Es war unter anderem Aufenthaltsort von französischen Kriegsgefangenen nach dem Krieg von 1870/71 und von Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg.